Impuls der Kolpingsfamilie Ergenzingen zum 22.01.2023: Herzensangelegenheiten

Sketchnote: Conny Nagel

„Man muss Gott am Herzen packen, das ist seine schwache Stelle.“ Theresa von Avila gibt uns einen wunderbaren Gedanken auf den Weg.

Doch – oh je, denke ich zuerst: Das Herz ist Gottes Schwachstelle. Bei uns Menschen liegt beim schwachen Herzen eine Herzerkrankung vor. Schnell erinnere ich mich auch an Menschen, bei denen wir von der „Schwachstelle Herz“ reden, weil sie immer zur Stelle sind, wenn sie gebraucht werden, weil sie zupacken, wo Hilfe nötig und die Not groß ist.

So stelle ich mir Gottes Herz vor. Immer Einsatzbereit, immer uns zugewandt. Die Bibel erzählt uns viele solche Erfahrungen.

Da ist z.B. die Geschichte der Magd Hagar, die für Sara und Abraham zur Leihmutter wird. Sara wird nicht schwanger und ist unter Druck, Nachkommen zu gebären, wie es damals üblich war. Sie bietet ihrem Mann Hagar an. Der lässt sich darauf ein und Hagar bleibt nichts anderes übrig als mitzuspielen. Ob Abraham sie freundlich und zärtlich behandelt hat, erfahren wir nicht. Wir erfahren, dass es zwischen Sara und Hagar zum Konflikt kommt – wie sollte das auch anders sein. Sara behandelt Hagar aus Eifersucht schlecht, und Hagar hält ihren Stolz über ihre Schwangerschaft nicht zurück. Hagar flieht schließlich in die Wüste und weiß nicht mehr weiter. Was soll sie nun tun, wie allein das Kind zur Welt bringen und dann allein erziehende Mutter sein. Nun wartet die nächste Zumutung auf sie. Ein Engel erscheint ihr und schickt sie zurück zu Sara und Abraham. Ich kann mir Hagars Aufschrei gut vorstellen. Der Engel gibt ihr eine  Botschaft mit. Ihr Sohn wird Ismael heißen: „Gott hat meine Not gesehen“. Das löst eine innere Wende bei ihr aus und lässt sie sagen: „Gott ist ein Gott, der mich sieht“.

Wenn ich genau hinschaue, dann drängt sich mir der Eindruck auf, dass Gott Hagar ganz schön zappeln lässt – oder ist das nur meine Sicht? Es dauert lange, bis die göttliche Kraft sich zeigt und zu erkennen gibt. Es passiert etwas zeitverzögert. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass wir Gott beim Herzen packen müssen. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass wir mit unserer Klage nicht sparen dürfen, dass wir laut werden müssen und uns Gehör verschaffen.

Ich bin sicher, dass Theresa von Avila recht hat: „Man muss Gott bei Herzen packen, denn das ist seine Schwachstelle.“ Rücken wir Gott immer wieder nahe an unser Herz; machen wir aufmerksam auf uns; lassen wir uns auf Gottes Sicht der Dinge ein und lassen wir uns verändern.

Text: Dr. Claudia Hofrichter