Impuls der Kolpingsfamilie zum 9.1.2022: Zufall ist der Name Gottes, wenn er sich nicht zu erkennen geben will.

Der französische Schriftsteller Théophile Gautier (1811-1872) hat das einmal gesagt. Und genau diesen Satz zitierte kürzlich in einem Gespräch ein Freund als ich meinte: „Das war Zufall!“ Ich schreckte kurz zusammen.

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Da will Gott sich oft nicht zu erkennen geben, denke ich weiter. Denn es gibt es viele Dinge, die passieren, die ich nicht mit Gott in Verbindung bringen kann. Diese vielen Naturkatastrophen, Missverhältnisse zwischen Staaten, die Pandemie, schwere Erkrankungen… Dass all das zum Leben dazu gehört, in diese Welt mit so vielen verschiedenen Menschen, Mentalitäten, Meinungen – das erleben wir. Vom Zufall reden wir, wenn wir etwas nicht erklären können, wenn etwas nicht klar erkennbar und zuschreibbar ist. Nur ungern lassen wir das dann so stehen und grübeln und sinnen nach dem Wozu, weshalb und warum? Wir haben von klein auf gelernt, alles ergründen und verstehen zu wollen. Viele Rästel, Zufälle, Geheimnisse hat die Wissenschaft entschlüsselt, doch die Antwort auf das Warum, das die Frage nach dem Sinn stellt, bleibt sie oft schuldig.

Sich dann auf Gott zu berufen, wäre etwas zu kurz gedacht. Im Zitat bin ich an dem Wort „Name Gottes“ hängen geblieben. Das hilft mir weiter, wenngleich die Fragen bleiben. Denn letztlich geht es ja immer darum, welche Beziehung ich zu Gott pflege. In der Begegnung mit Mose am Gottesberg Horeb stellt sich Gott vor als: "Ich bin, der ich je und je da sein werde." (Ex 3,13.14). Hier ist Platz für all meine Fragen. Hier ist Freiraum, um all meine Erfahrungen hineinzulegen in diesen Namen „Ich bin da“. Ich erinnere mich an die Lehre von den 99 Namen Gottes im Islam. 99 Namen, die synonym zu „Allah“ verwendet werden. Die christlich-jüdische Tradition kann daran anknüpfen. Biblisch finden wir so viele Namen Gottes: die alles Verlorene Suchende, Bäckerin, Gebärende und Stillende, der Hörende, der Sehende, der Barmherzige, der Nachsichtige, der Höchste, der Ernährende, die Adlermutter und Henne, Frau Weisheit und Geistkraft, Quelle, Burg und Fels, in Jesus Christus: Weg, Auferstehung, Brot des Lebens. Leider sind diese Namen nicht in die Gottesdienstsprache eingegangen. Dort findet man nur sehr reduziert den Vater, den Herrn, den Allmächtigen, den Schöpfer oder auch den Hirten.

Heute am Fest der Taufe Jesu, kommt ein wunderbarer Name für die Beziehung zwischen Gott und uns Menschen dazu: Jesus – Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden (Lk 3,15-22). Das gilt für uns alle: Söhne und Töchter Gottes, Geschwister Jesu sind wir und Gottes Wohlgefallen - ein weiterer Name Gottes - ist uns sicher. Das löst nicht die Frage nach dem Zufall und danach wie alles mit Gott zusammenhängt, doch es lässt mich tief eintauchen in die Beziehung zwischen Gott und mir – in dieses: Ich bin der, der ich je und je da sein werde – dich in allem, was du erlebst, begleiten - suche mich, finde mich, rufe mich … Ich habe Wohlgefallen an dir, du bist so nah an meinem Herzen.

Eine gesegnete neue Woche.

Text: Claudia Hofrichter