Impuls der Kolpingsfamilie Ergenzingen zum 8.1.2023: »Mach es wieder groß und stark – das Leben«

Sketchnote: Conny Nagel

In den ersten Tagen des Jahres mache ich mir Gedanken, was mich stärkt und trägt. Natürlich könnte ich jetzt ganz lapidar, kurz und bündig sagen, dass mich selbstverständlich mein Glaube trägt und dass ich mich von Gott gehalten erfahre.

Davon kann ich aus meiner bisherigen Lebensgeschichte auch eine Menge an Erfahrungen erzählen. Da gibt es diese besonderen Begebenheiten, von denen ich im Nachhinein gesagt habe, da war mein Leben groß und stark und da habe ich erfahren, dass Gott gegenwärtig ist. Nein, das ist keine Einbildung gewesen oder ein Schönreden. Und dann gibt es diese vielen Situationen, in denen ich auch gefragt habe und bis heute frage: ‚Gott, wo bist du gewesen. Weshalb hast du mich allein gelassen? Weshalb hast du kein spürbares Zeichen gesetzt?‘ – Nein, ich bin nicht schuld daran, wenn Gott sich verborgen hält. Nein, es liegt nicht daran, dass ich zu wenig offen wäre. Gerne vermittelt uns oft auch heute noch die Verkündigung der Kirche, es läge an uns, dass wir Gott nicht spüren.

Udo Lindenberg hat ein Lied geschrieben: „Das Leben“ (Text: https://www.udo-lindenberg.de/das_leben.512894.htm; you tube: https://www.youtube.com/watch?v=jvxqzBeUj-w ) Da heißt es im Refrain:

„Nimm dir das Leben
Und lass es nicht mehr los
Greif's dir mit beiden Händen
Mach's wieder stark und groß
Nimm dir das Leben
Und gib's nie wieder her
Denn wenn man es mal braucht
Dann findet man's so schwer.“

Das ist für mich die Aufforderung, wach zu sein und wach zu bleiben für all die Möglichkeiten, die mir geschenkt werden, um zu gestalten, um Einfluss zu nehmen auf die Entwicklungen um mich herum und in Gesellschaft und Kirche. Es ist für mich der Impuls, wach zu sein und all die wichtigen Erfahrungen – ob klein oder groß – lebendig zu halten und zu bewahren, um die Größe und Stärke meines Leben zu spüren – gerade dann in Zeiten, wo es gerade schwerer ist und sein wird.

Mach das Leben wieder stark und groß – jeden Tag neu – und gerade in Zeiten, in denen die Welt so im Chaos zerrieben wird, in einer Zeit, in der die Krisen uns zu erdrücken scheinen. Nein, wir haben immer Handlungsmöglichkeiten, wir stehen nie ganz an der Wand. Das möchte ich jeden Tag verinnerlichen und mich daran erinnern.

Noch ein Zitat ist mir in den letzten Tagen zugespielt worden:

„Behalte immer im Herzen,
was dich einmal verzaubert hat.
Denn es hat seinen Grund,
warum der Zauber geweckt wurde.“

Ich kann mich gut an diesen Verzauberungsmoment in meinem Leben erinnern. Es war 1977 in Assisi. Es war in diesem Kirchlein San Damiano, das Franziskus so liebte. Dort hat mich dieser Gott berührt und nicht mehr losgelassen. Dort habe ich Gottes Locken und Rufen wahrgenommen. Mit Worten lässt sich dieser Moment kaum beschreiben. Dort fiel die Entscheidung zum Theologiestudium, zu diesem Suchen und Fragen nach den Antworten auf die großen und kleinen Fragen des Lebens. Dieser Zauber trägt mich bis heute. An diesen Zauber denke ich an vielen Tagen.

Vielleicht habt auch Ihr solche Geschichten. Dann erzählt sie uns.

Text: Dr. Claudia Hofrichter